Gemini Man – Kritik zum Klon-Actionfilm

Mit Filmen wie Brokeback Mountain oder Life of Pi konnte Regisseur Ang Lee in der Vergangenheit schon häufiger beweisen, dass er ein genialer Filmemacher ist. Mit Gemini Man ist nun sein neuster Streich in den Kinos erschienen. Doch anders als die genannten Werke Lees ist Gemini Man alles andere als ein Meisterwerk geworden. Warum die Story rund um geklonte Soldaten nicht zünden will, lest ihr in unserer Kritik.

 

Die Story von Gemini Man

Henry Brogen, gespielt von Will Smith, gilt als einer der besten Auftragskiller, der im Auftrag der amerikanischen Regierung arbeitet. Als er jedoch bei einem Auftrag zum ersten Mal Gewissensbisse bekommt, steht für ihn fest: Er muss in den Ruhestand gehen. Das wäre im Prinzip auch kein Problem, wenn er nicht herausfinden würde, dass sein letztes Opfer kein gesuchter Terrorist war, sondern ein Dorn im Auge seiner Auftragsgeber. Das passt Henry so gar nicht und er beginnt Nachforschungen anzustellen. Als das seine ehemaligen Vorgesetzten merken, versuchen sie, Brogen aus dem Weg zu schaffen. Als das scheitert, wird ein Agent der Gemini-Organisation, einem privaten Militärdienst, geschickt. Dieser Agent ist ein Klon von Henry, der nun quasi sein älteres Ich töten muss. Eine spannende Ausgangslage, die jedoch an allen Ecken und Ende Macken hat.

 

Unsere Kritik zu Gemini Man

Die Idee zum Film existiert bereits seit den 90er-Jahren. Bisher gab es jedoch weder die Technik, noch den Mut bei Filmschaffenden den Stoff auf die Leinwand zu bringen. Ang Lee ist nun jedoch eben dieser Mann geworden und alleine dafür gebührt ihm schon Respekt. So gut die Grundidee nun aber auch sein mag, so mangelhaft ist teils die Ausführung. Im Grunde ist die Story nämlich dann doch viel zu flach geraten. Auftragskiller bekommt nach 72 (!) Morden plötzlich Gewissensbisse, soll von seinem Klon getötet werden und wird folgend selbst zum Jäger.

Technik aus den 90ern

Bevor wir uns der Technik näher widmen, müssen wir einen Disclaimer aussprechen: Gemini Man ist einer der wenigen Filme, die mit einer High Frame Rate gedreht wurden. Dadurch entsteht eine besonders hohe Tiefenschärfe und besonders flüssige Szenen. Ob das gefällt, ist Geschmackssache und liegt im wahrsten Sinne des Wortes im Auge des Betrachters.

Wir wollen hier gar nicht die technische Leistung klein reden, die Gemini Man mit sich bringt. Anders als in anderen Filmen, in denen Schauspieler plötzlich jünger wirken, zum Beispiel Samuel L. Jackson in Captain Marvel, ist der junge Will Smith vollständig am PC entstanden. In den meisten Fällen sieht der CGI-Smith derart echt aus, dass man glaubt, der Prince von Bel Air stünde seinem alten Ich gegenüber. Leider gibt es aber genauso häufig Momente, in denen selbst die Effekte aus Spawn besser aussahen. Sobald Bewegung ins Spiel kommt, beispielsweise in einem Kampf, geraten die Computereffekte an ihre Grenzen. Viel zu künstliche Bewegungen, unscharfe Konturen oder einfach unecht aussehende Interaktionen zwischen den Figuren sind das traurige Resultat. Gleiches gilt für einige Emotionen beim jungen Will Smith. Man merkt einfach zu oft, dass wir hier eine Computerfigur vor uns haben, was nachhaltig die Illusion zerstört. Nichtsdestotrotz ist es natürlich faszinierend zu sehen, wie ein älterer Will Smith mit seinem jüngeren Ich interagiert. Diese Faszination bleibt den ganzen Film über bestehen.

Technik, die zweite

Bleiben wir noch einen kurzen Moment bei der Technik. Nachdem wir schon über den CGI-Smith gesprochen haben, müssen wir noch etwas zur sonstigen Technik und der Kameraführung loswerden. Aus irgendeinem Grund wirken ein Großteil der Umgebungen ebenfalls wie aus dem Computer. Wenn Will Smith und seine Kollegin Mary Elizabeth Winstead am Strand sitzen, sieht es so aus, als wäre die gesamte Szene vor einem Greenscreen gedreht worden und nachträglich umgearbeitet worden. Gleiches gilt für Szenen in Kolumbien oder in Budapest. Alles fühlt sich irgendwie künstlich und unorganisch an. Das ist schade, denn es gibt auch Bereiche, in denen Gemini Man punkten kann.

Da ist zum einen die Action, die in den meisten Momenten schön brachial rüberkommt. Zwar sollte man keinesfalls eine Alternative zu John Wick erwarten, immerhin ist der Film bereits ab 12 Jahren freigegeben, doch oft genug knallen die Actionsequenzen ordentlich – wenn die CGI-Effekte stimmen, was leider auch nicht immer der Fall ist. Was jedoch ausnahmslos top ist, ist die Kameraführung. Ego-Sequenzen beim Schießen oder Motorradfahren kommen nicht oft vor, sind aber immer atemberaubend. Mehr derartige Schmankerl hätten dem Film gut getan.

Alles Mist?

Bei all der Meckerei wollen wir jedoch auch ein paar positive Aspekte an Gemini Man hervorheben. Will Smith ist immer noch ein absoluter Sympathieträger – wir reden natürlich vom echten, älteren Smith, nicht vom merkwürdigen CGI-Klon. Zudem ist es schön, Clive Owen mal wieder auf der Leinwand zu sehen. Er bleibt als Bösewicht ein wenig eindimensional, doch da Gemini Man eh keine Revolution des Actionmarktes ist, reicht das voll und ganz aus. Am Ende bleibt einzig die Prämisse des Films im Gedächtnis: Wie viel Mensch steckt in einem Klon? Ist ein geklontes Leben so viel wert wie ein nicht-geklontes? Klar, auch das ist nicht neu im Kino, doch Gemini Man bietet einige interessante Denkanstöße, die am Ende aber eben auch nicht mehr sind, als nur Anstöße. Lösungen bietet der Film nicht.

Am Ende ist Gemini Man nur ein mittelmäßiger Actionfilm geworden, der wohl niemanden überraschen dürfte. Schon die Trailerkampagne im Voraus ließ erahnen, dass uns hier ein Projekt erwartet, das nur halb durchdacht wurde. Während der Debüttrailer nämlich noch einen nachdenklichen, tragischen Ton wählte, war der zweite Trailer nicht mehr als eine plumpe Actionmontage. Und so ist Gemini Man ein interessantes Experiment, das jedoch am Ende vor allem an der miesen technischen Umsetzung scheitert.

 

Informationen zu Gemini Man

  • Originaltitel: Gemini Man
  • Laufzeit: ca. 117 Minuten
  • Kinostart:  03. Oktober 2019
  • Altersfreigabe (FSK): ab 12 Jahren freigegeben
  • Besetzung: Will Smith, Clive Owen, Mary Elizabeth Winstead

Trailer zu Gemini Man




Fazit:

Junger Will Smith ist eine gute Idee - technisch jedoch teils Murks
Tolle Kameraperspektiven
Gute Action, die teilweise unter der Technik leidet
Interessante Story, mit einigen Schwächen
  • Gemini Man
    “Ich war extrem gespannt auf Gemini Man, da mir die Trailer – abseits der widersprüchlichen Tonalität – wirklich gut gefallen haben. Am Ende bin ich jedoch ziemlich enttäuscht von Ang Lees neustem Werk, da hier zwar viele gute Ansätze zu finden sind, die jedoch ausnahmslos hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben sind. Schade…”
    Lukas Hesselmann, Redakteur

Ab ins Kino?

Gemini Man ist ein Film, den man nur für die Technik anguckt. Der verjüngte Will Smith sieht teils gut genug aus, um einen Kinobesuch zu rechtfertigen. Wen das nicht interessiert, bleibt besser zuhause.

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