Bevor Netflix 2018 mit Narcos die wohl zweiterfolgreichste Drogenserie nach Breaking Bad ins Leben rief, strahlte der Streamingdienst die Serie El Chapo aus. In Zusammenarbeit mit dem spanischsprachigen TV-Sender Univision wollte man die Geschichte von El Chapo Guzmán erzählen, dem wohl berüchtigsten Drogenbaron des Planeten. Die Serie hatte zufolge, dass Guzmán selbst Netflix verklagen wollte, da er nie um seine Erlaubnis für den Story-Stoff (hihi) gefragt wurde. Ob die Serie dabei wirklich klagewürdig ist, klären wir in unserer Blu-Ray-Kritik zur ersten Staffel.
Die Story von El Chapo
Die Story von El Chapo zusammenzufassen, ist gar nicht so leicht. Grob gesagt, geht es um die ersten, frühen Jahre des Drogenbosses und seinen Aufstieg zum mächtigsten Dealer Mexikos. Es geht um Bandenkriege, Probleme mit der Polizei und schlussendlich um die Verhaftung El Chapos. Warum die Story dabei aber schwer zu greifen ist, klären wir in unserer Kritik.
Unsere Kritik zu El Chapo
Kennt ihr das? Ihr guckt eine Serie und wisst am Ende einer Folge schon nicht mehr, was genau passiert ist, geschweige denn, wie die Folge überhaupt anfing. Genau dieses Gefühl hat man beim Anschauen von El Chapo dauernd. Ständig werden neue Figuren eingeführt und wieder entfernt, alles wirkt sehr komplex und wenig strukturiert. Das fängt schon bei der Form der Serie an.
Doku oder Fiktion?
El Chapo beginnt mit einigen realen Ausschnitten von Joaquín Archivaldo Guzmán Loera, so der vollständige Name El Chapos. Wir sehen, wie es einmal mit ihm enden wird – nämlich in Handschellen auf dem Weg in den Knast. Es entsteht also durchaus das Gefühl, als habe man es hier mit einer Dokumentation zu tun, die hin und wieder mit nachgespielten Szenen aufgelockert wird – ein durchaus interessantes Szenario. Doch die realen Szenen am Anfang bleiben die einzigen ihrer Art in der gesamten ersten Staffel. Warum man sich für diesen Weg entschieden hat, bleibt wohl ein Geheimnis der Macher. Am Ende ist die Serie aber dann doch keine Doku, sondern eine stinknormale Serie – und leider keine gute.
Was, was, waaas?!
Wie bereits angedeutet, fällt es sehr schwer, El Chapo zu folgen. Was am Anfang einer Folge geschah, ist schon am Ende wieder völlig weggezogen – wie der Stoff, den Guzmán im Laufe der Serie vertickt. Das liegt zum einen daran, dass in viel zu kurzer Frequenz viel zu viele Charaktere eingeführt werden. Dass Miguel Gallardo, Drogenboss und Narcos-Aufhänger, ebenfalls Teil der Serie ist, ist uns erst in der späteren Recherche aufgefallen. Warum und wie Chapo immer mächtiger wird, erklärt die Serie zwar irgendwie, doch hängen bleibt kaum etwas. Der Serie fehlt es zudem an denkwürdigen Momenten. Nehmen wir Breaking Bad als Beispiel: Auch hier geht es um einen aufsteigenden Drogendealer und jeder, der die Serie gesehen hat, wird sich an Szenen erinnern. Sei es die Pizza auf dem Dach oder der Drogendeal in der Wüste. Bei El Chapo sucht man derartige Momente vergebens. Schlimmer noch: Nach dem Anschauen hat man nicht einmal etwas über El Chapo gelernt, der ja wirklich existiert und aktuell im Gefängnis schmort.
Dann lieber Narcos
Netflix hat sich mit El Chapo sicherlich keinen großen Gefallen getan. Zwar liefern die allesamt unbekannten Schauspieler durchaus ansehbare Leistungen ab, doch das ganze Drumherum ist so beliebig und nichtssagend, dass El Chapo keinen (guten) Eindruck hinterlässt. 2017, in einer Zeit ohne Narcos, hätte man sich die Serie durchaus anschauen können. 2020 gibt es jedoch keinen Grund mehr, warum man seine Zeit damit verschwenden sollte. Netflix bietet derart viele sehenswerte Serien, dass El Chapo leider kaum die Rede wert sein sollte.
Informationen zu El Chapo
- Originaltitel: E Chapo
- Laufzeit: ca. 420 Minuten (9 Folgen)
- Heimkinostart: 22. Februar 2019
- Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
- Besetzung: Marco de la O, Humberto Busto, Diego Vásquez