So langsam aber sicher läuft der Kinobetrieb auch hierzulande wieder an und trotz Corona starten tatsächlich mehr oder weniger neue Filme in den hiesigen Lichtspielhäusern. Natürlich werden die großen Blockbuster wie James Bond, Black Widow oder Fast and the Furious erstmal noch zurückgehalten, doch somit haben kleine Filme wie Pandemie oder Weltreise mit Buddha die Chance, das Publikum von sich zu überzeugen. Mit The Witch Next Door startete diese Woche nun ein Horrorthriller, der in den USA bereits seit vielen Wochen an der Spitze der Kinocharts steht – Corona sei Dank. Wir verraten, ob der Streifen diese Position wirklich verdient oder tatsächlich nur ein Nutznießer der aktuellen weltweiten Lage ist.
Die Story von The Witch Next Door
Kurioserweise hat The Wretched, wie der Film im englischen Original heißt, hierzulande einen neuen, aber ebenfalls englischen Titel bekommen. Und somit erzählt der deutsche (englische) Titel im Prinzip schon die gesamte Prämisse des Films. Ein junger Mann namens Ben findet heraus, dass in seinem Nachbarhaus eine Hexe lebt – wer hätte diesen Plot wohl bei The Wretched erraten? Aber weiter im Text: Ben merkt also, dass es in seinem Nachbarhaus merkwürdig zugeht. Als eines Tages der Nachbarsjunge spurlos verschwindet und sich sein eigener Vater nicht mal mehr an seinen Sohn erinnern kann, ist sich Ben sicher: Hier ist etwas faul! Wie in Das Fenster zum Hof bewaffnet er sich also mit einem Fernglas und versucht zu erspähen, was nebenan vor sich geht.
Unsere Kritik zu The Witch Next Door
Kennt ihr das? Ihr schaut euch einen Film an und habt am Ende schon wieder vergessen, worum es eigentlich ging. Komischerweise trifft dieses Gefühl sehr oft bei Horrorfilmen zu. Sinister, Possession oder The Grudge – was war nochmal was? Die genannten Filme sind dabei – mit Ausnahme von The Grudge (2020) – nicht unbedingt schlecht, sondern einfach sehr beliebig und austauschbar. The Witch Next Door reiht sich leider in diese Reihe ein. Im Prinzip ist der Film ganz okay, um sich einmal einen mehr oder weniger gruseligen Abend damit zu machen. Das war’s dann aber auch schon…
Wo ist der Horror?
Die gute Nachricht vorweg: The Witch Next Door kommt nahezu komplett ohne billige Jumpscares aus – hurra! Doch ein guter Horrorfilm braucht natürlich trotzdem Elemente, die ihn irgendwie gruselig machen. Hier patzt die Hexe von nebenan dann seltsamerweise. Es gibt ein paar Momente, in denen die namensgebende Hexe, beziehungsweise die von einer Hexe besessene Nachbarin, merkwürdig im Hintergrund steht oder anderweitig unnatürlich agiert. Dazu kommen zwei bis drei ekelhafte Momente, in denen sich der Körper der Besessenen unnatürlich verändert. Mehr sollte man aber nicht erwarten. Der Film plätschert ohne wirklich nennenswerte Höhepunkte vor sich hin. Es gibt einen Twist, den wir aus Spoilergründen natürlich nicht verraten. Aber auch der ist nicht dermaßen erschütternd, dass aus einem okayen Film plötzlich ein absolutes Meisterwerk wird.
Alles okay
Alles okay ist leider ein bisschen das Motto von The Witch Next Door. Die Story ist okay. Die Teenager-Problemchen von Hauptfigur Ben sind okay. Der Soundtrack ist okay, die Optik ebenso. Auch die Schauspieler liefern durchweg eine Performance ab, die man am besten wie betiteln könnte? Richtig: Okay. So muss man dem Film zugute halten, dass es keine wirklich massiven Kritikpunkte gibt – aber eben auch keine echten Highlights.
Dass der Film dennoch so lange an der Spitze der US-Kinocharts stehen konnte, ist daher leicht erklärt: Der Streifen ist kein totaler Reinfall und fehlende Konkurrenz macht einen Durchmarsch einfach. Und so hat The Witch Next Door nun ein echtes Kunststück geschafft. Fünf Wochen in Folge Platz 1 in den amerikanischen Charts schafften bisher nur Titanic, The Sixth Sense, Avatar und Black Panther. Und wenn der Film schon keine Granate ist, ist dieser Erfolg schon eine echte Auszeichnung.
Informationen zu The Witch Next Door
- Originaltitel: The Wretched
- Laufzeit: ca. 95 Minuten
- Kinostart: 13. August 2020
- Altersfreigabe (FSK): ab 16 Jahren freigegeben
- Besetzung: John-Paul Howard, Piper Curda, Jamison Jones